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Bericht von der Winterbauhütte 2024: „Schön hier, aber waren sie schon mal auf der Burg?“
Wenn im Sommer die Wärme wallt und die Burg im Grün erstrahlt, wenn im Winter die Schneeflocken fallen, oder sich die Tropfen in Pfützen sammeln, wenn Autos voller Menschen durch die Berge fahren, gefüllt mit Werkzeugkoffer und Gesang, nur um gemeinsam am gleichen Ort zu landen, dann füllt sich eine Burg mit Leben.
Ein rotes Auto sucht sich schleppend einen Weg durch die Berge. Schleppend, weil es so vollgepackt ist, dass es im vierten Gang den Berg nicht mehr hochkommt.
„Ist noch Platz für meine Tuba“ wurde eine Frage gestellt, doch jemand schüttelt den Kopf. „Entweder die Tuba oder ein fünfter Mensch im Auto. Für beides reicht der Platz nicht aus.“ Der Mensch antwortet: „Dann fahre ich mit dem Zug und ihr nehmt die Tuba mit. Ich kann doch nicht auf die Burg gehen, ohne meine Tuba!“
… so ist das eben wenn man zur Burg fährt. Für ein wenig Kleidung zwischen den beiden Gitarren, der Tuba und einer Lautengitarre ist auch noch gerade so Platz.
Je näher man dem Ziel kommt, desto öfter sieht man interessante Gestalten an den Straßen stehen und auf den Wegen wandern. Bepackt sind sie mit Wanderrucksäcken, denn ein Koffer wäre irgendwie komisch. Eine interessante Klamotte ziert den Körper von einigen. Zunfthosen, Werkzeuge, Elbsegler und festes Schuhwerk tragen sie. Einige strecken den Daumen auf der Straße heraus, weil die Taxis zu lange brauchen oder der Burgbus schon woanders gebraucht wird, doch das rote Auto kann leider niemanden mehr aufnehmen. Zum Glück wird es nicht das letzte Fahrzeug sein, dass heute den Weg zur Burg sucht und wie es scheint, ist es auch nicht das erste, denn begrüßt wird man mit einer herzlichen Umarmung von alten Freunden und Bekannten, die man bereits auf der letzten Bauhütte gesehen hat.
Als am ersten Bauhüttentag eine Gruppe Wandergesellen in schwarzen Monturen durch das Burgtor hereintrudelt, in der Hand die Wanderstöcke und auf den Köpfen schmucke Hüte, zeigt sich ein Strahlen in den Augen besonders zweier Menschen.
Die Gruppe verdeutlicht noch einmal mehr, wie besonders dieser Ort ist, wie viele sich zu ihm hingezogen fühlen und welche Stimmung er mit sich bringt.
Ein Kreis mit Menschen füllt sich, 60 an der Zahl, doch bis zum Ende der Bauhütte werden es weit über 100 sein, und alle stehen sie lachend, manche mit Kaffeetassen, manche mit Liederbüchern und Instrumenten beisammen und beginnen im Burghof zu singen. Wären die Kord- und Arbeitshosen nicht, dann könnte man leicht denken, es sei eine Freizeit, eine Hippie-Gruppe, eine Chorgemeinde. Doch auch wenn vielleicht all das irgendwo ein wenig zutreffen mag, so sind sie vor allem für eine Sache hier. Sie sind da, um einen besonderen Ort in Ehren zu halten, ihn zu restaurieren, wieder herzurichten, zu verschönern, ihn zu „ihrem Zuhause“ zu machen.
Wie immer wird auf die Arbeitskleidung und das Sicherheitskonzept hingewiesen und wie immer findet sich jemand, der ein Paar Adiletten als Sicherheitsschuhe als völlig ausreichend empfindet. Malarbeiten stehen an, Deckenbalken und Fenster müssen erneuert und repariert werden, der Holzvorrat muss aufgefüllt und der Obstgarten zurecht gemacht werden. Doch obwohl es so viel zu tun gibt, sieht man freudige Gesichter bei den Arbeitsgruppen, die sich bilden.
„Ist es nicht wunderschön, wie hier alle zusammenhalten und mit einer solchen Arbeitsfreunde und Freiwilligkeit gemeinsam etwas schaffen?!“ hört man einige begeisterte Stimmen, wenn man durch die verschiedenen Baustellen schlendert. Am Enno sieht man eine kleine Gruppe, die in Reih und Glied das Holz zerhackt. Fünf Menschen mit Äxten bewaffnet, manche mit Kriegsbemalungen, die bei vorherigen Streicharbeiten entstanden sein könnten. Am beliebtesten scheint der Nasenpunkt zu sein, der meist in Savanne 15, Burg-Blau oder Burg-Rot getragen wird. „Damn, wenn ich noch eine weitere Wand in Savanne 15 anmalen muss, raste ich aus. Ich kann diese Farbe nicht mehr sehen. Die ganze Welt besteht für mich nur noch aus Savanne 15!“ (Zitat eines geschätzten Bauhüttenmenschens).
Auch wenn das Zerhacken, durch die Kriegsbemalungen auf den Gesichtern der Menschen, auf den ersten Blick etwas gewaltsam wirkt, scheint dieses burgische Naturvolk doch bei genauerer Betrachtung sehr fröhlich und freundlich bei ihrer Tätigkeit. Interessant ist auch der unterschiedliche Musikgeschmack der Burgmenschen. Während am Abend nur die Klampfen klingen und harmonisch-bündische Lieder zusammen gesungen werden, hört man am Tage auch oft die rhythmischen Basstrommeln schlagen. Insbesondere die schon von weiter Ferne zu hörende „Fenstercrew“ ist für ihren einzigartig guten Technorave-Geschmack bekannt, oder wie sie selbst sagen: „Wir haben auf jeden Fall die beste Partymucke auf der Bauhütte“. Und nicht nur die beste Mucke, sondern auch den besten Ort, um sie zu hören. Denn die Burg hat vielleicht keinen Glockenturm, dafür aber einen Burgturm, den die Fenstercrew ihr Zuhause nennt, von dem aus die Musik den Himmel erobert.
Geht man weiter durch die Flure der Burg, merkt man erst wie durchmischt von Kulturen das Burgvolk ist und wie viele verschiedene Menschen hierherkommen, die Teil der Gemeinschaft sind. Aus einem Gang hört man französische Musik erklingen und freudig sind sie dabei, die Wände mit Motiven zu bemalen. Auf die Frage „Quelle est la plus belle chose du château?“ antworten sie nur „Des beaux moments de découverte au château“. Entdeckungsmomente sind wohl etwas, das viele hier verbindet. Neue Freundschaften knüpfen, neue Erfahrungen sammeln, zu sehen wie die Burg mit und durch einen lebt. Das verbindet. „Ich nehme mir vor, auf jeder Bauhütte eine neue Sache zu lernen.“ erklärt ein Bauhüttenmensch. Wer weiß, wenn Mensch daran festhält, baut er womöglich irgendwann noch seine eigene Burg, mit dem Wissen, das er sich aneignet.
Es ist einfach schön zu sehen, wie die Menschen zusammenhalten, sich gegenseitig motivieren und unterstützen, um dann zu sehen „Schönheit kommt mit der Zeit“, und genau so ist es. Je mehr Tage verstreichen, desto mehr vollendete Werke kann man betrachten und sieht, wie die Burg ihre neue Gestalt annimmt.
Doch obwohl so viel Motivation und Arbeitswille herrschen, hört man auch ein paar Stimmen, denen andere Dinge sehr stark im Kopf hängen bleiben, die nicht unbedingt nur positiv sind. „Was mir am meisten im Gedächtnis bleibt?“:
Zum Glück gibt es aber auch Erlebnisse außerhalb der Arbeit, wichtige Erlebnisse, die auch ausschlaggebender Grund dafür sind, weshalb die Menschen immer wieder zu diesem Ort zurückkommen:
Eine Melodie, Gesang, gute Laune erklingen von irgendwo unterhalb der Burg und man sieht, wie Menschen nach und nach ihren Weg die Treppen runter in einen Gewölbekeller finden, in dem bei leichtem Lichterschein und Bier die Liederbücher aufgeschlagen sind und das ganze Burgvolk dicht beisammen singt. „Einmal... nur einmal hätte ich gerne ein so starkes Licht, dass man auch sieht, was man spielt.“ Doch man lacht dabei, denn auch wenn das vielleicht so manch einer denkt, ist es doch irgendwie schon fast Tradition den Ton bei schlechtem Licht zu suchen.
Aber für all jene, denen das Dämmerlicht zu wenig ist, gibt es diesmal auch die Möglichkeit einem Volkstanz im Meißnersaal beizuwohnen.
Menschen, die noch nie getanzt haben, lernen hier binnen weniger Minuten gleich drei Tänze und manche haben am Ende sogar die Schritte verstanden. Einige kommen sogar auf ganz eigene Paartanzideen. Huckepack übereinandergestapelt, versuchen zwei Doppelpaare, einen Walzer zu tanzen. Eine andere Gruppe wiederum macht es sich zur Aufgabe, eine Person von einer Seite des Zimmers zur anderen zu transportieren, in dem sie einen rollenden Teppich bilden, über den „Person“ sehr holprig „gleiten“ kann.
Ich habe in den letzten Absätzen vor allem wiedergegeben, was andere mir erzählt haben, was sie gefühlt und erlebt haben. Aber um noch mal ganz klar und dankbar meine eigenen Gedanken in Worte zu fassen: Die Burg ist ein unglaublicher Ort und ein Stück weit habe ich mich durch sie noch mal besser kennen gelernt. Jede Bauhütte lerne ich wundervolle Menschen kennen, treffe alte Gesichter wieder, sehe wie unglaublich leicht sich alle bewegen und es für einen kurzen Moment nur noch die Burg und diese ganz eigene Gemeinschaft gibt. Für einen kurzen Moment kommt es mir so vor, als würde die Zeit stehen bleiben und als wäre man in einer ganz anderen Welt. Vergisst was davor war, was nach der Bauhütte sein wird. Ich fühle mich jedes Mal, als würde ich ankommen, als wäre die Burg ein Ort den ich wirklich als eine Art Zuhause verstehe und dann... endet es.
Aber sogar das Ende ist unglaublich schön. Noch einmal das Burglied singen, noch einmal allen für die Zeit und die gemeinsame Arbeit danken, noch einmal jeden einzelnen umarmen, den man ins Herz geschlossen hat, bis man schließlich geht und sich die Wege wieder trennen. Aber es ist kein Lebewohl, es ist ein bis bald, dass man sich wie ein Versprechen gibt. Zitat: „Nicht du findest die Burg, die Burg findet dich.“
Noch ein paar letzte Zitate, Fragen und Anregungen anderer Menschen:
Mino (Tobias Hörner)
Die nächste Winterbauhütte findet vom 01. bis 05. Januar 2025 statt.
Berichte und Fotos der vergangenen Jahre:
Winterbauhütte 2023