DreiEckenKreis 2023

Nektar, Leim und Lieder im DreiEckenKreis

Zum siebten Mal trafen sich Burgfreunde und Jugendbewegte aus den Bünden im DreiEckenKreis auf der Jugendburg Ludwigstein - und wie immer wurde die ganze Zeit gewerkelt und musiziert. In Arbeitsgemeinschaften wie Lederarbeiten, Imkern und Buchbinden erwarben die Teilnehmer grundlegende Kompetenzen. Spezialeinsichten boten ein altgriechischer Reitkurs, die Liedgut-Führung durch das Archiv der deutschen Jugendbewegung und die Bauhüttenkreisaktionen Burgtor, Meißnergiebel und Amphitheater. Neben allerlei Singerunden war das politisch-seelische Mitmachkonzert von Simon und Jan sicher einer der Höhepunkte dieses wolkenlosen und juliheißen von 50 Teilnehmern besuchten Wochenendes.

Los ging es am Freitagabend mit Christians Archivführung, wo er unter anderem tiefere Einblicke in die Rezeptionsgeschichte der verkappten Queer-Hymne „Jenseits des Tales“ lieferte. Parallel wummerte unter der Sommerküche der Burgbass eine Singerunde ein, zu der sich ludwigsteinlike wie immer ein Kreis durchreisender Ex-Zivis gesellte.

Samstag wurden im Morgenkreis die zahlreichen AGs spontan in eine neue Reihenfolge geschoben, so dass alle Angebote auch auf Teilnehmer treffen konnten. In der Kühle der Werkräume im Enno-Narten-Bau entstanden unter kunstfertiger Leitung von Heiner und Klaus selbstgebundene Bücher. Für ihre 2024er-AG kündigten die beiden das Fertigen selbstgeleimter Skizzenblöcke im Großformat an. Marc hatte allerlei „Lederliches“ dabei, um Messer oder Geld in Eigenarbeit stabil zu umhüllen und Burgzivi Cosma zauberte mächtige Seifenblasen. Drei AGs machten sich vom Acker. Kafe und Anneh schritten auf Imkerpfaden mit ihrer Gruppe bergab nach Werleshausen zum Honigschleudern, ein Waldjugendtrio paddelte die Werra herunter und Burgzivi Sebi begeisterte mit seinem vortragenden Vater im Pferde-Feldlager auf der Labyrinthwiese. Zurückgreifend auf die Lehren des griechischen Reiterführers Xenophon (430 -355 v. Chr.) wurde dabei eindrucksvolle Living History zur jahrtausendealten Beziehung des Menschen zum Pferd als Statussymbol, Nutztier, Kriegsross und Kompagnon geboten.

Stark dabei auch der Bauhüttenkreis. Meike zog mit ihrer Maurerbrigade auf ein 15 Meter hohes Gerüst, um mit den auf der Winterbauhütte geformten Lehmziegeln den Fachwerkgiebel des Meißnerbaus auszumauern. Justus und Miriam arbeiteten mit Bagger und Radlader auf der Jugendbaustelle des Amphitheaters mit gewaltiger Technik und legten Terrassen an, auf denen später in Reihe gesetzte Sandsteinquader stabile Publikumsreihen bilden sollen. Jan wiederum zog mit seiner Gruppe und Schmied Michael vor die Burg, wo sie das improvisiert wirkende und aus Restmaterialien zusammengesetzte Oberlichtgitter des Burgtors baugeschichtlich analysierten und für eine metallische Restaurierung vorbereiteten.

Spontan zugesagt schaute am Nachmittag zur Kaffeezeit mit Dr. Jörg Möller der frischgewählte Bundesführer des Nerother Wandervogel vorbei. Als Schuldirektor a.D. schilderte er erste Eindrücke von Berufung und Wahl und skizzierte die vor ihm liegenden Aufgaben im Bund und auf der Burg Waldeck, in die er 2024 der Tradition entsprechend einziehen wird. Zur Eröffnung des von Jim, Oergel und Burgküche in die Sommerküche gezauberten Grillabends wurde an unseren langjährigen und jüngst gestorbenen DreiEckenKoch Omo erinnert.

Nachdem Simon & Jan am Nachmittag im Rahmen eines Exklusiv-Workshops bereits Einblicke in ihre Kunst des Liedermaching ermöglicht hatten, verstärkten sie sich beim Abendkonzert mit Boxen und Loop-Elektronik. Und sie lieferten ab. Als Meister leiser Töne, die gerne in Quarten harmonieren, sind die beiden alles andere als Leisetreter. Im Zentrum ihrer kabarettverwandten Texte stehen Menschen, also Freunde, Biertrinker, Rechtsradikale, Attentäter, Schwarze, Politiker, Verliebte, Perverse und Niemande. Menschen zwischen Selbstermächtigung und Lethargie, gefangen in Zweideutigkeit: Ich schicke unbemannte Drohnen / zu meinen Feinden in der Nacht / Ich blätter' in der "Schöner Wohnen“ / und sitz' vorm Fernseher, wenn es kracht. / Ich lass' die ganze Scheiße einfach gar nicht an mich ran / weil ich kann, weil ich kann“. Das hohe Lyrik aber nur ein Gruppenselfie vom Stadionrock entfernt ist, führen uns Simon & Jan am Ende bis zur Selbstentblößung (zweier bündischer Gesäße) vor: Applaus, Zugabe, Tischfeuerwerk!

Der sonntägliche Abschlusskreis mit Anekdoten und Burglied ist dann aber gar keiner. Sowohl unten am Amphitheater, als auch oben am Meißnergiebel wird danach noch weitergearbeitet, der gleißenden Sonne und den wenigen Stunden Schlaf zum Trotz. Und somit Tschüß bis zum nächsten DreiEckenKreis vom 28. bis 30. Juni 2024.